Die zwei Seiten des Monds

Auf der Suche nach einer Erklärung für die gravierenden Unterschiede der beiden Mondhälften wurde ein Forschungsteam in alten Daten einer Mondsonde fündig.

Rainer Kayser und Redaktion

Zerklüftete und stark strukturierte Oberfläche des Mondes

NASA/Goddard Space Flight Center/Arizona State University

Der Mond zeigt der Erde immer das gleiche Gesicht. Das Erstaunliche dabei: Die permanent der Erde zugewandte Seite sieht völlig anders aus als die erdabgewandte Seite. Warum das so ist, hat jetzt ein Forschungsteam mithilfe von Archivdaten der Mondsonde GRAIL herausgefunden: Im Fachblatt „Nature“ berichtet es von deutlichen Temperaturunterschieden. So ist der zähflüssige Gesteinsmantel des Mondes auf der Vorderseite teilweise um 100 bis 200 Grad Celsius wärmer als auf der Rückseite.

Nicht nur oberflächliche Unterschiede

Die vertraute, von der Erde aus sichtbare, Seite des Mondes zeigt eine Reihe auffälliger dunkler Flächen, die sogenannten Mare. Das sind nicht etwa Meere, sondern Tiefebenen – entstanden durch Vulkanausbrüche vor Jahrmilliarden. Auf der Rückseite des Monds gibt es solche Mare jedoch nicht. Das zeigten schon im Jahr 1959 Aufnahmen der sowjetischen Mondsonde Luna-3. Hier dominieren zerklüftete Krater- und Gebirgslandschaften das Bild.

Einen weiteren überraschenden Unterschied zwischen den beiden Seiten des Mondes entdeckte 2012 das „Gravity Recovery and Interior Laboratory“ GRAIL. Diese Mission besteht aus zwei Raumsonden und untersuchte die Gravitation auf dem Mond. Deren räumlichen Schwankungen erlaubt Rückschlüsse auf die Massenverteilung im Inneren des Erdtrabanten. So zeigten die GRAIL-Messungen, dass die Kruste auf der erdzugewandten Seite 80 Kilometer dünner ist als die 150 Kilometer dicke Kruste der erdabgewandten Seite.

Der Ursache auf der Spur

Worauf diese Unterschiede zurückzuführen sind, war bislang jedoch ungeklärt. Deshalb haben sich Park und sein Team die Daten der Mission GRAIL noch einmal vorgenommen. Dabei haben sie nicht nur untersucht, wie sich das Schwerefeld des Monds räumlich, sondern auch wie es sich mit der Zeit verändert. Denn so wie der Mond auf der Erde Gezeiten hervorruft, sorgt die Schwerkraft der Erde auch auf dem Mond für Gezeiten. Zwar gibt es dort kein Wasser und somit nicht Ebbe und Flut. Doch die Gezeitenkraft verformt den Mond geringfügig.

Da sich der Mond auf einer ellipsenförmigen Umlaufbahn bewegt und somit nicht immer gleich weit von der Erde entfernt ist, ändert sich auch seine Verformung durch die Schwerkraft der Erde im Laufe eines Mondumlaufs. Das hängt auch vom inneren Aufbau des Monds ab, insbesondere davon, wie zäh das Gestein im Mantel ist. Wie die neue Analyse zeigt, deformieren die Gezeiten das Mantelgestein auf der Vorderseite des Monds um etwa zwei bis drei Prozent stärker als auf dessen Rückseite. Dieser Unterschied, so die Forschenden, lasse sich durch einen Temperaturunterschied von 100 bis 200 Grad Celsius erklären, denn das heißere Gestein ist weniger zäh, also flüssiger, als das kühlere.

Das heißere Gestein befindet sich vermutlich 800 bis 1200 Kilometer tief unter der Oberfläche, so Park und sein Team. Dort ist es 1700 Grad Celsius heiß. Vermutlich sorge der Zerfall radioaktiver Elemente wie Thorium für die hohen Temperaturen. Möglicherweise waren diese Elemente bereits bei der Entstehung des Erdtrabanten ungleichmäßig im Inneren verteilt. Die zusätzliche radioaktive Wärmequelle sorgte dann für die dünnere Kruste und den ausgeprägteren Vulkanismus auf der uns zugewandten Seite des Mondes.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2025/mond-die-zwei-seiten/

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